Sharon Kivlands Ausstellung mit 120 Handzeichnungen nimmt auf den ab 1792 geltenden republikanischen Kalender in Frankreich Bezug, der eine vollkommen neue Zeitrechnung auf Basis des Dezimalsystems einführte. Maßgeblich waren natürliche Phänomene, Lebewesen oder Pfl anzen. Anstelle der Götter- und Königsbezüge des gregorianischen Kalenders wurde so ein auf Reformen hin ausgerichtetes Instrument entworfen, das allerdings nicht lange Bestand hatte.
Es ist ein Kalender mit natürlichen Namen von Jahreszeiten, Pflanzen und Tieren. Tage, die mit 5 enden, wurden einem Tier zugeordnet, alle anderen Tage einer Pflanze oder einem Mineral. Obwohl der Kalender eigentlich im Vendémiaire, dem September des gregorianischen Kalenders, beginnt, hat Sharon Kivland das ganze Jahr 2023 (oder CCXXXII5) hindurch, beginnend im Monat Pluvîose, einer Zeit des Regens und der Traurigkeit, eine Pflanze aus dem Kalender gemalt. Und zwar eine, die ein kompliziertes Wurzelsystem hat. Die Bloody Radicals beziehen sich auf das spätlateinische radicalis (lat. radix, radic, „Wurzel“).
Sie sind sowohl bildlich als auch politisch auf Reformen und das allgemeine Wahlrecht zu verstehen, und später auf die Extreme des politischen Denkens und Handelns. Sharon Kivlands Bloody Radicals sind blutig, bluten aus jeder Wurzel, sind dem Boden entrissen. Für jeden Monat gibt es neun, sodass sie ein entsprechendes Raster bilden. Jeder Monat wird von einer weiblichen allegorischen Figur begleitet, nach den Illustrationen von Louis Lafitte, gestochen 1792–94 von Salvatore Tresca.
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Für ITINERANT INTERLUDE #233 präsentiert Laurie Schwartz les sansculottides für Stimme, Akkordeon und Schlagzeug, eigens geschaffen für die Eröffnung von Sharon Kivlands THE BLOODY RADICALS. Denn das Jahr 2025 entspricht dem Jahr 233 im französischen Revolutionskalender. Denn dies sind die Tage der sans-culottes. les sansculottides schöpft Inspiration und Material aus dem reichen Geflecht von Referenzen, Mythen und revolutionären Idealen, die Kivlands THE BLOODY RADICALS prägen – nicht zuletzt aus der radikalen Vorstellung, Zeit selbst neu zu denken.