Die Nachlässe bestehen aus einer Vielzahl individueller Bestände. Sie stammen von Privatpersonen, Familien, Vereinen oder sonstigen Einrichtungen, die einen Bezug zu Spandau haben. Unterlagen von Familien und Spandauer*innen werden oft von Angehörigen nach dem Tod der Verwandten dem Archiv übergeben. In den letzten Jahren bieten allerdings immer mehr Menschen ihre persönlichen Unterlagen und Sammlungen noch zu Lebzeiten selbst an. Meist ist der Grund die Sorge vor einer Zerstreuung oder sogar Vernichtung der Hinterlassenschaften nach dem Ableben.

Objektannahmevereinbarung des Stadtgeschichtlichen Museums Spandau, 2023

Das Stadtgeschichtliche Museum und das Archiv sind immer auf der Suche nach neuen und interessanten Objekten und Unterlagen mit Bezug zu Spandau. Glücklicherweise gibt es großzügige Spender*innen, die sich von entsprechendem Material trennen können. Eine Kontaktaufnahme ist immer der erste Schritt, um eine mögliche Übernahme von Familienunterlagen oder anderen Dokumenten auf den Weg zu bringen.

Aus Familienunterlagen ergeben sich die abwechslungsreichsten Bestände. Sie können unter anderem Ausweise, Bescheinigungen, Familienfotos, Poesiealben, Taufscheine, Urkunden oder Zeugnisse enthalten. Neben der Familiengeschichte werden häufig berufliche Tätigkeiten behandelt. Darüber hinaus stehen die Dokumente möglicherweise im Zusammenhang mit historisch relevanten Personen, Einrichtungen oder Ereignissen. Dies ist jedoch keine Voraussetzung für die Übernahme in das Archiv. Persönliche Geschichten aus dem Alltag der Spandauer Bevölkerung können ebenso von Interesse sein.

Poesiealbum von Lotte Röhl, 1917-1920

Poesiealben sind eine besondere Form der persönlichen Zeitreise. Sie geben Denkweisen und persönliche Beziehungen, aber auch Schriftbilder und gestalterische Interessen aus der jeweiligen Zeit wieder. Innerhalb der Nachlässe befinden sich rund 25 solcher Alben, hinter denen individuelle Geschichten verborgen liegen. Leider ist es aufgrund mangelnder Informationen nicht immer möglich, diese Geschichten wieder vollständig zusammenzusetzen.

Auch Schulen, Vereine und andere Einrichtungen haben bereits kleine bis mittelgroße Bestände zur Verfügung gestellt. Die schulischen Unterlagen, darunter Chroniken, Protokolle, Fotos und Zeugnisse, ergänzen oft die Akten des Spandauer Magistrats in der Abteilung Schulwesen. Zu den Vereinen zählen vor allem Sport- und Gesangvereine. Ein besonderer Bestand stammt aus einer gänzlich anderen Einrichtung: dem Internierungslager Ruhleben. Er enthält Briefe und Postkarten des Internierten Frank West (1880–1956), ein Fotoalbum des Internierten Walter Gouda (1864–o.D.) und zahlreiche Konzert- und Theaterzettel sowie Campzeitungen.

Schauspielgruppe des Ruhleben Theaters für das Stück „Mr. Hopkinson“ von Richard Claude Carton, Foto, Januar 1918

Das Internierungslager Ruhleben beherbergte im Ersten Weltkrieg bis zu 5.000 britische zivile Kriegsgefangene. Es befand sich auf dem Gelände der ehemaligen Trabrennbahn Ruhleben. Die Inhaftierten organisierten unter anderem Konzerte, Theateraufführungen und Sportveranstaltungen. Im Archiv einsehbare Unterlagen geben Einblicke in das Lager und die Aktivitäten der Internierten.

Die Deutschen Meister, der Spandauer Radfahrer Clubs „Wanderer“, 1927

Der 1893 gegründete Radfahrerclub „Wanderer“ war einer von fünf Vereinen um 1900 in Spandau, in denen sich die Mitglieder vorrangig zu gemeinsamen Ausflügen mit dem Rad in die Umgebung trafen. Die „Wanderer“ widmeten sich ebenso dem Radsport, und nahmen an nationalen Meisterschaften teil.

Chor der Fleischerinnung Spandau, Notenblatt mit Liedtext: Der Kakadu vom Juliusturm, o. D.

Die Fleischerinnung ist eine der ältesten Handwerkerverbände Spandaus. Sie wurde im Jahr 1229 ins Leben gerufen. Vom 19. bis zum frühen 20. Jahrhundert schlossen sich in vielen dieser Innungen Interessierte zu Chören zusammen. Die Unterlagen des Chors der Fleischerinnung Spandau decken einen Zeitraum von 1950 bis 2004 ab und umfassen insbesondere diverse Schriftwechsel, Mitgliederlisten und Festschriften.

Die Archivalien aus dem Bereich (Heimat-)Forschung und Geschichte beziehen sich im Gegensatz zu den anderen Nachlässen nicht auf einzelne Personen oder Einrichtungen. Hier stehen geschichtliche Aspekte und Zeitabschnitte im Vordergrund. Innerhalb dieser Thematik existiert, wie bei den Familienunterlagen, neben den zusammenhängenden Beständen auch eine Sammlung von Einzelobjekten. Der größte Bestand mit über 1.800 Sammelmappen stammt von Heimatforscher Albert Ludewig (1902–1972). Er sammelte zahlreiche Unterlagen zu Gebäuden, Orten und Ereignissen in Spandau und darüber hinaus.

Eintrittskarte zu „Das Erbe unserer Ahnen“, einer nationalsozialistischen Veranstaltung des Bezirksamtes Spandau, 20.11.1933

Diese Eintrittskarte gewährte 1933 Zugang zu einem Vortrag von Max Wieser (1890–1946) über deutsche Kultur und Rassenkunde. Wieser war Leiter der Stadtbücherei Spandau, überzeugter Nationalsozialist und einer der Bearbeiter der so genannten „Schwarzen Listen“, die als Grundlage für die deutschlandweite Bücherverbrennung am 10. Mai 1933 dienten.