Eintritt frei
Komm, schöner Tod
Eine szenische Lesung zu Gerda Metzger, ein Mädchen, das nur drei Jahre alt wurde – Kindereuthanasie
Das eine ist ein erschütterndes Schicksal, bis heute ungesühnt: Der Tod von Gerda Metzger – eines von nahezu 100.000 Opfern der Euthanasie in der Zeit des Nationalsozialismus im Stuttgarter Kinderkrankenhaus. Wir erzählen ihre Geschichte und die schockierende Verdrängung und Verharmlosung des Geschehens durch Täter*innen und Justiz bis heute. Das andere ist gängige aktuelle Praxis: die Möglichkeit, bereits pränatal körperliche und geistige Behinderungen zu diagnostizieren und sich entsprechend zu verhalten. Ein junges Paar möchte ein Kind und sich darauf vorbereiten, was es erwartet. Ein ethischer Parcours am Rande der Hysterie – darf man heute noch ein Kind in die Welt setzen? Und was ist, wenn das Kind womöglich „kaputt“ ist und nicht den Erwartungen an ein normal gesundes Kind entspricht: kann man sich das zumuten, darf man es der Gesellschaft zumuten?
Eine Soundcollage mit Interviews von Betroffenen zeigt, wie aktuell die Frage nach dem lebenswerten Leben, die im Rahmen der Eugenik und der Euthanasie erstmals gestellt wurden, auch heute noch ist.
Es lesen / spielen: Julianna Herzberg & Jan Uplegger Texte, szenische Einrichtung, Sounds und Collage: Dieter Nelle Interviews
Die Szene ist immer die gleiche. Die, die ich nicht haben will. Weil man sie zugelassen hat. Weil niemand dafür Rechenschaft dafür ablegen musste. Niemand wurde dafür bestraft.
Unser 70minütiges dokumentarisches Theaterstück setzt sich zusammen aus Zeugenberichten, Gerichtsprotokollen der Nachkriegsprozesse, die versuchten, die Verbrechen der Euthanasie aufzuarbeiten, verknüpft mit eigenen Texten, die sich in die Perspektive der Betroffenen der damaligen Zeit hineinzuversetzen versuchen, sowie Dialogen zwischen Menschen heute, die sich mit der Frage nach dem Recht auf Leben eines Neugeborenen auseinandersetzen. Zusätzliche Elemente bestehen aus einer Soundcollage und Videoprojektion. Die Uraufführung fand während der Erinnerungswoche Kindereuthanasie im Stadtpalais Stuttgart statt.
Julianna Herzberg studierte Schauspiel an der Hochschule Rostock und am Conservatoire National de Théâtre Avignon. Anschließend Theaterengagements bei der Compagnie “Les Ouvriers” Avignon, am Volkstheater Rostock, Theater Junge Generation Dresden, Stadttheater Aalen, tri bühne und Forum 3 Theater Stuttgart, sowie mit dem selbst initiierten Theater La Lune in Dresden. Sie lebt heute als freischaffende Schauspielerin in Stuttgart, wo sie 2013 das Theater La Lune Stuttgart gründete – mittlerweile eine Plattform für viele Stuttgarter*innen.
Jan Uplegger erhielt seine Schauspielausbildung am Max-Reinhardt-Seminar in Wien und Conservatoire National, Paris. Es folgten Engagements u.a. in Stuttgart, Tübingen und Stendal und Gießen. Seit 1998 ist er in Berlin auf vielen Bühnen zu Hause: u.a. Volksbühne, Neuköllner Oper, Theater unterm Dach, Theater an der Parkaue, sophiensaele und Theater Thikwa. Zu den wichtigsten Filmrollen gehören die Hauptrolle in der polnischen Tragikomödie „Es lebe die Beerdigung!!!“ und die Titelrolle in der Berliner Politsatire “Uli Maaßlos”. Er ist Sprecher für Deutschlandradio Berlin, zahlreiche Hörbücher, Hörspiele und beim internationalen Literaturfestival Berlin. Er lebt in Leipzig und Berlin.